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„Licht ist mehr als Symbol Gottes“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Osternacht 2006 am Samstag, 15. April 2006, im Würzburger Dom

In den letzten Jahren haben viele Menschen zunehmend die Bedeutung dieser Osternacht als der Heiligen Nacht erkannt. Es liegt ein eigener Zauber über den vier großen Teilen dieser Liturgie: der Lichtfeier, dem Wortgottesdienst, der Tauffeier und der Eucharistiefeier.

Die Lichtfeier

Wir hatten uns eben im Innenhof des Domkreuzganges um das Osterfeuer versammelt und sind dabei den Weg aus der Finsternis zum Licht gegangen. Licht und Finsternis sind zwei faszinierende Pole in der Geschichte der Menschheit. Zugleich verbinden wir mit der Finsternis Enttäuschung, Angst, Schmerz, Scheitern, Lethargie und Sterben. Wir empfinden die Finsternis als bedrohlich, als Ort des Schreckens und gar des Todes. So sprechen wir von der Dunkelheit des Todes! Mit dem Licht hingegen verbinden wir Hoffnung, Freude, Aufbruch, Gelingen. Licht ist für uns ein Lebenselexier. Ja, das Licht hat sogar eine metaphorische Dimension: Es ist die eigentliche Wirklichkeit, aus der sich unsere erfahrbare ableitet. Der evangelische Theologe Ernst Benz schrieb: „Die Schau des Lichtes stellt wohl die ursprünglichste Form der Erfahrung Gottes, die Erfahrung der transzendenten Welt überhaupt dar. Das Licht ist mehr als ein bloßes Symbol Gottes. Es manifestiert das Wesen Gottes selbst.“ (Die Vision, Stuttgart: Klett 1969, S. 32).

Nicht umsonst bezeichnet sich Christus als das Licht der Welt (vgl. Joh 8,12). So haben wir im gesegneten Osterfeuer mit dem Entzünden der Osterkerze den Sieg des Auferstandenen über den Tod gefeiert und die lichtvolle Auferstehung auch emotional nach zu erleben versucht. Mit der brennenden Osterkerze ist der Auferstandene symbolisch in den Dom eingezogen. Mit der Weitergabe dieses Lichtes an uns, haben wir uns vergewissert, dass auch wir Anteil an Jesu Auferstehung haben. Im Exsultet, dem feierlichen Osterlob, verschaffte sich unsere Osterfreude einen angemessenen Ausdruck.

Der Wortgottesdienst

Der Weg der Lebensgeschichte der Menschheit wie auch unser eigener Lebensweg ist ein Weg durch viele Dunkelheiten, durch Schmerz, Enttäuschungen, Verwundungen und Niederlagen. Die Texte im Wortgottesdienst wollten dem Ausdruck verleihen. Aber sie machten auch deutlich, dass unser Leben nicht abgelöst von Gott verläuft. Gott bleibt Herr der Geschichte auch da, wo wir es bezweifeln möchten. Deshalb hat Gott immer wieder sichtbare Zeichen seines Dabei-seins, seines Mit-uns-seins gesetzt – und das nicht nur in der Vergangenheit.

Die Welt ist nicht ein Produkt des Zufalls, sondern aus dem Willen Gottes entstanden, verkündete uns der Schöpfungsbericht. Die Welt ist auch nicht böse, sondern gut. (Vgl. Gen 1). Gott forderte immer den Glauben der Menschen heraus, indem er um ihr Vertrauen warb, Menschen – wie Abraham – berief (vgl. Gen 22). Er sah auf die Not der zu IHM Schreienden und führte Sein Volk aus der Gefangenschaft Ägyptens trockenen Fußes durch das Meer hin in das Gelobte Land (Vgl. Ex 14). Aber Gott fordert auch die Treue der Seinen ein (vgl. Jes 54), denn Er kann nur denen wirklich helfen, die sich Seiner Gabe öffnen (vgl. Jes 55). Israel hat dies immer wieder versucht und dabei erfahren, dass der Weg im Glanz des Lichtes Gottes zum Leben, das Verlassen dieses Weges aber zum Tode führt (vgl. Bar 3) – Einsichten, die auch uns helfen sollen diesen glanzvollen Weg zu gehen.

So wird in der Lesung (Röm 6,3-11) diese Heilsgewissheit auf die Person Jesu Christi konzentriert, durch den und mit dem Gott uns alles geschenkt hat. Durch die Taufe sind wir in diese Christuswirklichkeit eingetreten, haben nun in IHM auch das neue, ewige Leben! Dieser Osterjubel findet im Bericht des Evangeliums (Mk 16,1-7) seinen Höhepunkt. Der Herr ist wahrhaft von den Toten erstanden. Dies ist keine fromme Mär, kein Produkt phantasievollen Wünschens, sondern Realität. Zwar ist auch das leere Grab in sich noch kein Beweis, aber die Begegnung mit dem Auferstandenen zerstreut alle Zweifel. Und die Begegnung findet da statt, wo das Herz bereit ist zu sehen und zu glauben – auch jetzt.

Die Tauffeier

Als Konsequenz dieses Geschehens, wird uns das Sakrament der Taufe geschenkt. Heute Nacht haben wir wieder hier im Dom eine Erwachsenentaufe. Es ist Konstantin Otte.

In vielen Kirchen unseres Bistums Würzburg werden in dieser heiligen Nacht wie er 22 Erwachsene und darüber hinaus viele Kinder getauft. Wie sie wurden auch wir einst getauft und damit hineingeboren in die Verheißung des Ewigen Lebens! Welches Geschenk! Deshalb werden in der Allerheiligenlitanei Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, das Taufwasser geweiht und die Osterkerze hineingesenkt zum Zeichen dafür, dass der Auferstandene uns mit dieser neuen Lebenswirklichkeit erfüllt. Die Taufe ist das Geschenk dieses Ostergeschehens, und es ist gut, dass wir uns dankbar der eigenen Taufe erinnern, ja auch das damit verbundene Taufversprechen erneuern.

Eucharistiefeier

Mit Christus auferstanden aus dem Tod zum Leben feiern wir nun auch mit IHM seine Gegenwart unter uns. Hier und jetzt vollzieht sich in der Eucharistiefeier das Geschehen, das diese Osternacht auszeichnet: Jesu Tod und Auferstehung werden nicht nur bedacht, in Worten und Texten verdeutlicht, sondern unter uns gegenwärtig. Das ist nicht unser Vermögen, sondern der im Auftrag und in der Vollmacht Jesu gewählte Weg Seiner Nähe zu uns. Zwar umgibt uns noch die Nacht des Todes, aber sie ist durch Christi Heilswerk aufgebrochen.

Dietrich Bonhoeffer schrieb:

Der auferstandene Christus trägt die neue Menschheit in sich.

Das letzte herrliche Ja Gottes zum neuen Menschen.

Zwar lebt die Menschheit noch im Alten,

aber sie ist schon über das Alte hinaus,

zwar lebt sie noch in einer Welt des Todes,

aber sie ist schon über den Tod hinaus,

zwar lebt sie noch in einer Welt der Sünde,

aber sie ist schon über die Sünde hinaus.

Die Nacht ist noch nicht vorüber,

aber es tagt schon.“

(Schott-Meßbuch für die Sonn- und Festtage des Lesejahres B, S. 232)

 

Liebe Schwestern und Brüder, freuen wir uns von Herzen und lassen wir dieses Geschehen in uns breiten Raum einnehmen!

In früheren Zeiten kannte man das Osterlachen. Die Predigt war oft mit Scherzen gewürzt, „um die Gläubigen die österliche Freude nach den trüben Fastentagen leibhaft erleben zu lassen.“ (Becker-Huberti: Lexikon der Bräuche und Feste. Herder 200. S. 302). Man brach auch manchmal in lautes Lachen aus, das dem Überdruck der Freude ein Ventil sein wollte. Bei uns wird es sicherlich nicht so überschwänglich zugehen. Aber von Herzen freuen dürfen wir uns schon, denn der Herr ist wahrhaft auferstanden. Alleluja! Amen.

(1606/0585)