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Fehlende Provokationen in heutiger Zeit

Abend der Akademikerseelsorge im Museum am Dom mit Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen zur Frage „Wie weit darf Kunst provozieren?“ – Den Menschen aus seinen selbstgewählten Gefängnissen herausholen

Würzburg (POW) Kunst muss nach den Worten von Bau- und Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen provozieren – aber nicht auf billige Weise. „Sie wäre keine Kunst, wenn sie nicht im Menschen etwas für den Menschen auslösen würde“, sagte er bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademikerseelsorge unter dem Titel „Wie weit darf Kunst provozieren?“ am Dienstagabend, 17. Januar, im Museum am Dom. An ausgewählten Objekten wie der „Geißelung Christi“ von Johannes Grützke oder dem „Archiv“ von Dina Draeger konkretisierte er seine Haltung und stellte sich der Diskussion. Die rund 70 Teilnehmer forderte er auf, sich immer wieder provozieren zu lassen, damit etwas in ihnen aufbrechen könne.

Die heutige Zeit leide darunter, dass zu wenig provoziert, zu wenig hervorgerufen werde, sagte Lenssen. Dabei sei die Provokation für den Menschen geschaffen, um ihn aus seinen selbstgewählten Gefängnissen herauszuholen. Die Menschen sollten so zur Wahrheit ihres Wesen, ihres Lebens geführt werden. Ihnen solle mit der Provokation gezeigt werden, dass sie Visionen haben können, dass sie Fähigkeiten besitzen, etwas erahnen zu können. „Wenn es einen Ort gibt, der Visionen wecken kann, dann ist es die Kunst.“

Ausdrücklich wies der Kunstreferent darauf hin, dass es der Kunst immer um die Wahrheit gehe. „Sie muss wahr sein! Sie sucht nach der Wahrheit und will sich ihr nähern!“ Wenn dies nicht der Fall sei, dann sei die Kunst in Gefahr, zur Propaganda und zur Lüge zu werden. „Wenn man sich der Kunst bedient, hat man sich schon von der Kunst verabschiedet.“ Nach den Worten Lenssens geschieht die Suche des Künstlers nach der noch nicht erschlossenen Wahrheit völlig frei. So schlössen sich beispielsweise Künstler über Wochen und Monate ein, um in der Stille arbeiten zu können und aus der Stille heraus zu vernehmen, was auf die Leinwand kommen könne. Den Betrachter bringe die Kunst dahin, sich selbst zu sehen und in der Wahrheit des Kunstwerks die eigene Wahrheit zu entdecken.

Eine Grenze zog Lenssen zwischen Sakralraum und Kunstmuseum. Ein Sakralraum unterliege anderen Kriterien als ein Museum, wo ein Dialog zwischen Betrachter und Kunstwerk geführt werde. „Das Museum am Dom ist nicht die Sakristei des Domes“, sagte er. Immer wieder habe es Kunstwerke gegeben, die in ihrer Zeit provozierten, später aber die ursprüngliche Kraft und den früheren Anreiz verloren hätten. Künstler seien mit ihren Provokationen der Zeit voraus. Als Beispiele nannte er die Darstellung von Adam und Eva an der Marienkapelle sowie mittelalterliche Szenen, die Vertreter der Kirche beim Jüngsten Gericht auch auf der Seite der Hölle zeigten.

Der Kunst gehe es bei der Darstellung von Nacktheit um die Entwürdigung und die Würdigkeit des Menschen zugleich. Dagegen sei Pornographie auf die Verdinglichung des Menschen angelegt. Der Mensch werde zur Sache. „Es ist fatal, wenn wir mit unserem eigenen moralischen Urteil auf künstlerisches Schaffen reagieren.“ Die Beurteilung eines Kunstwerks sei immer die Beurteilung der eigenen Person. So sei beispielsweise der Betrachter „blind“, der die „Geißelung Christi“ von Johannes Grützke im Museum am Dom nur am Busen der beiden nackten Frauenoberkörper festmache.

Akademikerseelsorger Burkhard Hose sagte zu Beginn der Veranstaltung, die Akademikerseelsorge wolle umstrittene Fragen aufgreifen und mit einer solchen Veranstaltung zur Versachlichung der Diskussion beitragen.

bs (POW)

(0406/0119; E-Mail voraus)