Würzburg (POW) Insgesamt 907 Mails haben die neun Berater des Internetportals www.Eheberatung-Bayern.de im Jahr 2005 an Ratsuchende verschickt, die per E-Mail um Hilfe gebeten hatten. „Das ist eine stolze Zahl, wenn man bedenkt, dass dieses Angebot bisher ein Geheimtipp ist“, unterstreicht Erhard Scholl von der Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diözese Würzburg. Über Zeitung oder andere Medien sei bisher kaum auf diese Dienstleistung aufmerksam gemacht worden. Trotzdem werde dieses Hilfsangebot zunehmend mehr in Anspruch genommen.
Auf der Homepage können Ratsuchende sich einen Berater oder eine Beraterin auswählen, die gerade Kapazitäten frei hat. Bis zum Ende des Briefwechsels bleiben sie mit der gleichen Person in Kontakt. Laut Scholl spricht nicht zuletzt die fachliche Qualifikation der vier Frauen und fünf Männer in der Beratung für die Qualität des Angebots: Alle haben eine Weiterbildung zur Ehe-, Familien- und Lebensberaterin erfolgreich abgeschlossen oder sind im Augenblick dabei. Darüber hinaus haben alle Berater regelmäßig Besprechungen, in denen sie sich fachlich austauschen und selbst fachlichen Rat in Anspruch nehmen. „Selbstverständlich wird dabei die Anonymität der Ratsuchenden bewahrt: Es werden keine Namen genannt, es geht nur darum, für die Ratsuchenden die beste Hilfe zu finden“, betont Scholl.
Die meisten Anfragen haben die Ratsuchenden zum Thema „Personenbezogene Anlässe“. Hinter diesem schwierigen Wort verbergen sich Probleme wie Selbstunsicherheit, Kontaktschwierigkeiten, Einsamkeit, Schlafstörungen und Unruhe. „Persönliche Probleme berühren meist auch die Partnerschaft, und wenn man in der Partnerschaft Krisen erlebt, betrifft diese Krise auch das Selbstbewusstsein, und man kann vielleicht schlecht schlafen, fühlt sich abgeschlagen“, erläutert Scholl. Hinter der statistischen Rubrik „Paarbezogene Anlässe“ verbergen sich Probleme wie Unzufriedenheit in der Partnerschaft, Partnerdifferenzen beim Thema Sex oder auch unterschiedliche Auffassungen in der Erziehung der Kinder.
Hilfe bestehe meist nicht in der Antwort auf die gestellte Frage, sondern darin, den Ratsuchenden zu unterstützen und zu ermutigen, selbst neue Lösungen auszuprobieren, neue Sichtweisen des Konflikts oder des Problems für sich zu finden, und so den Leidensdruck zu mindern. Dabei endet ein elektronischer Briefwechsel meist nach zwei bis drei Kontakten. Häufig fühlten sich die Ratsuchenden dann schon besser, oder sie suchen eine Beratungsstelle auf, in der sie „direkt“ über ihre Schwierigkeiten sprechen können. „Klar ist auch, dass eine Beratung per Mail eine Therapie nicht ersetzen kann“, sagt Scholl. Eine Ratsuchende hielt dennoch in einem ihrer E-Mails fest: „Es hat mir geholfen, dass ich meine Sorgen mal niederschreiben konnte, und jemanden gefunden habe, der sich damit auseinandersetzt. An der Antwort habe ich gemerkt, wie wichtig dem Berater meine Mail war, und seine Anregungen haben mir weitergeholfen.“
(1706/0623)